05. Okt 2020

Ferner Seelen Reisen

„Venezia Paris Trieste“

Italo Calvino gebar einst die Variation von William
Hazzlitts These, dass nur eine in die Luft gebaute
Stadt die „Stadt des Wassers“ übertrumpfen
könne, als Raumfahrtsodyssee. Diesem exotisch-
exzentrischen Eskapismus nähert sich Robert
W. Sackl-Kahr Sagostin
auf seine ganz eigene Art und
Weise. Der 1960 in Graz Geborene widmet den vielen
als Sehnsuchtsorte geltenden Städten Venezia Paris
Trieste eine Hommage, quasi als fotografische Zwischenbilanz,
als topografische Verortung seiner Vita.
Es kann aber wohl kein Zufall sein, dass bei der Verteilung
der Anteile der Trias die Serenissima eindeutig
gewonnen hat. „Eine Träne vergießt sich hier bei
mancher Gelegenheit. Wenn man annimmt, dass
Schönheit die Verteilung von Licht auf die der Netzhaut
kongenialste Weise ist, dann ist eine Träne das
Eingeständnis der Unfähigkeit der Netzhaut wie auch
der Träne, Schönheit festzuhalten“, schrieb Joseph
Brodsky in Ufer der Verlorenen. Hier kommt Sackl-
Kahr Sagostins fotografischer Ansatz ins Spiel. Vom
Festhalten eines entschwindenden Geistes, einer Spiritualität,
einer Philosophie zeugen seine archaischen
Schwarz-Weiß-Aufnahmen – adäquat der Stimmung
der Orte voll Wehmut. Das allmähliche, aber unaufhaltsame
Verschwinden einer Geliebten bereitet immer
Schmerz. Venedig droht zu entschwinden. Unentwegt.
Wie sagte Brodsky: „Wie die Welt beschaffen
ist, ist die Stadt die Geliebte des Auges. Danach
ist alles Enttäuschung. Eine Träne ist die Antizipation
der Zukunft des Auges.“ Sic!


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